Elektromobilität

Sicher arbeiten an Hochvoltfahrzeugen: Ausbildung nach DGUV 209-093

Warum Qualifikation an Hochvoltsystemen entscheidend ist

Elektro- und Hybridfahrzeuge sind längst aus der Nische herausgewachsen. Laut dem IEA Global EV Outlook 2025 wurden 2024 weltweit mehr als 17 Millionen Elektroautos verkauft, wodurch ihr Anteil an den Neuzulassungen erstmals über 20 Prozent liegt. In Deutschland machten batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride zusammen ebenfalls etwa gut 20 Prozent aller Neuzulassungen aus, reine BEVs lagen bei etwa 13,5 Prozent (Quelle: European Alternative Fuels Observatory). Parallel dazu wächst der Qualifikationsdruck auf Werkstätten, Ausbildungszentren und Hochschulen: Ohne fundierte Kenntnisse im Umgang mit Hochvolttechnik sind eine sachgerechte Wartung und Reparatur nicht mehr möglich.

Doch Arbeiten an Hochvoltsystemen unterscheiden sich grundlegend von Tätigkeiten an Verbrennungsmotoren. Neben klassischen Diagnose- und Reparaturaufgaben stehen neue Anforderungen im Fokus: Gefährdungen durch Hochspannung, komplexe vernetzte Systeme und besondere Freischaltmethoden.

Hier setzt die Ausbildung nach DGUV Information 209-093 an, die verbindliche Qualifikationsstufen definiert.

Ausbildungsvorgaben nach DGUV 209-093

Die DGUV 209-093 legt fest, welche Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen durch wen ausgeführt werden dürfen. Sie unterscheidet mehrere Stufen – entscheidend sind die Stufen 2S und 3S:

  • Stufe 2S – Fachkundige Person für Arbeiten an spannungsfreien HV-Systemen
    Diese Stufe qualifiziert Fachkräfte dazu, Hochvoltfahrzeuge sicher freizuschalten, Spannungsfreiheit festzustellen, Komponenten auszutauschen und Fahrzeuge wieder in Betrieb zu nehmen.
  • Stufe 3S – Arbeiten unter Spannung
    Hierbei handelt es sich um die höchste Qualifikationsstufe. Sie erlaubt Diagnose- und Instandsetzungsarbeiten an Fahrzeugen, die unter Spannung stehen – etwa zur Fehlersuche an Hochvoltbatterien oder Relais. Diese Arbeiten sind nur für speziell geschultes Personal erlaubt.

Für Ausbildungsstätten bedeutet das: Nur wer diese Stufen praxisnah abbilden kann, stellt sicher, dass Absolventinnen und Absolventen rechtlich abgesichert und fachlich qualifiziert arbeiten dürfen.

 

Warum Ausbildung an Hochvoltsystemen so anspruchsvoll ist

Die Besonderheit liegt in der Kombination aus elektrischer Sicherheit, Systemkomplexität und Didaktik.

  • Elektrische Risiken: Schon ein unbeabsichtigter Kontakt mit Hochvoltleitungen kann lebensgefährlich sein. Klassische Schutzkleidung und Grundwissen reichen nicht aus.
  • Systemkomplexität: Neben Batterien spielen Relais, Inverter, Ladegeräte, Sensoren und Steuergeräte zusammen. Ein Fehler kann an vielen Stellen auftreten.
  • Didaktische Herausforderung: Reine Theorie hilft wenig. Lernende müssen an realen Komponenten üben – in einer Umgebung, die Risiken ausschließt.

Gerade dieser letzte Punkt macht deutlich: Klassische Unterrichtsmethoden wie Frontalunterricht oder Simulationen ohne Hardware genügen nicht. Es braucht praxisgerechte Systeme, die echte HV-Komponenten in einem sicheren Umfeld verfügbar machen.

 

Didaktische Konzepte: Theorie trifft Praxis

Zwei didaktische Ansätze haben sich bewährt:

  1. Projektorientiertes Lernen
    Lernende bearbeiten realitätsnahe Werkstattaufträge: etwa die Diagnose eines Isolationsfehlers, das Prüfen von HV-Sicherungen oder das Austauschen eines defekten Relais. Fehlerbilder werden gezielt eingebaut, um die Fehlersuche zu trainieren.
  2. Digitale Lernwelt
    Die Lernwelt RXLea von Lucas-Nülle verknüpft Hardwareübungen mit Projekten aus dem Berufsalltag, 3D-Aufbauanimationen, Tests und Feedback. So entsteht ein klarer Lernpfad, der Theorie und Praxis verbindet und eigenverantwortliches Arbeiten unterstützt.

Dieser Real-Experience-Learning-Ansatz sorgt für nachhaltiges Verständnis – Lernende wissen nicht nur, wie etwas funktioniert, sondern auch, warum.

 

Praxisnahe Umsetzung: Beispiel eines Trainingssystems

Ein praxisnahes Ausbildungssystem für die Diagnose und Instandsetzung von Hochvoltfahrzeugen kombiniert mehrere Schlüsselelemente:

  • Freischalten mit allen marktüblichen Methoden: HV-Trennstecker, Pilotlinie, Softabschaltung oder Notfall-Niedervolt-Trennstellen.
  • Fehlersimulation an sicherheitsrelevanten Komponenten: Relais, HV-Kabel oder Sicherungen können realistisch Fehler aufweisen, die diagnostiziert und behoben werden müssen.
  • Messungen: Spannungsmessungen bis 400 V, Isolations- und Widerstandstests sowie Potenzialausgleichsmessungen an echten Metallkomponenten.
  • OBD-Diagnose: Integrierte Diagnosetools ermöglichen Fehlerauslese, Live-Datenanalyse und Fahrzeugfreischaltung.
  • Digitale Integration: Über Lernwelten wie RXLea lassen sich mehr als 25 praxisorientierte Projekte mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen und automatisiertem Feedback durchführen.

Das Besondere: Lernende arbeiten mit echter Hochvoltspannung, aber in einer Umgebung, in der Verletzungen ausgeschlossen sind. So entsteht maximale Nähe zur Werkstattpraxis bei voller Sicherheit.

 

Nutzen für Bildungseinrichtungen und Industrie

Der Einsatz praxisnaher Systeme bringt klare Vorteile:

  • Rechtssicherheit: Erfüllung der Anforderungen nach DGUV 209-093.
  • Sicheres Umfeld: Gefahren werden minimiert, obwohl mit realen Spannungen gearbeitet wird.
  • Handlungskompetenz: Lernende entwickeln echte Fehlersuch- und Reparaturstrategien, nicht nur theoretisches Wissen.
  • Attraktivität: Moderne Trainingssysteme machen die Ausbildung spannender und motivierender – ein Pluspunkt im Wettbewerb um Auszubildende.
  • Investitionsschutz: Modular aufgebaute Systeme sind zukunftssicher und lassen sich an neue Technologien anpassen.

Auch Unternehmen profitieren: Fachkräfte mit 2S- oder 3S-Qualifikation sind im Werkstattalltag flexibler einsetzbar, reduzieren Risiken und steigern die Effizienz.

 

Ausblick: Elektromobilität als Standardqualifikation

Heute noch ein Zusatz, in wenigen Jahren Standard: Die Ausbildung an Hochvoltsystemen wird zur Basiskompetenz jedes Kfz-Mechatronikers. Vergleichbar mit dem Wissen um Verbrennungsmotoren in der Vergangenheit, wird die Fähigkeit zum Arbeiten an HV-Systemen künftig selbstverständlich erwartet.

Für Berufsschulen und Ausbildungszentren bedeutet das: Wer heute investiert, positioniert sich als moderner und attraktiver Ausbildungspartner. Für Werkstätten und Industrieunternehmen heißt es: Jetzt Fachkräfte qualifizieren, um morgen wettbewerbsfähig zu bleiben.

 

Fazit

Die Elektromobilität verändert die Anforderungen in Ausbildung und Werkstatt grundlegend. Sicheres Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen ist nur durch praxisnahe Ausbildungssysteme erreichbar, die Theorie und Praxis verbinden, rechtliche Vorgaben erfüllen und den Lernenden ein sicheres Umfeld bieten.

Die DGUV 209-093 definiert die Mindeststandards – die eigentliche Herausforderung liegt darin, diese didaktisch sinnvoll und praxisnah umzusetzen. Systeme, die reale Hochvolttechnik mit digitalen Lernpfaden kombinieren, sind hierfür ein Schlüssel.

Wer heute die Weichen stellt, qualifiziert Fachkräfte, die nicht nur den technischen Wandel begleiten, sondern aktiv gestalten – kompetent, sicher und zukunftsorientiert.

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